Bergbahnen und das Dilemma mit fehlendem Schnee und (zu) warmen Temperaturen

Die Wintersaison nimmt in diesen Tagen ein Ende, Skigebiete schließen die Türen – teilweise für immer. Ein Grund für die Misere: Viele Bergbahnen haben nur Augen für den Winter, das Sommergeschäft interessiert sie bis heute nicht.

Noch nie hat sich der Klimawandel so deutlich manifestiert wie im vergangenen Winter. Tiefgelegene Skigebiete hatten wegen den warmen Temperaturen und dem daraus resultierenden Schneemangel grösste Mühe, den Betrieb aufrechtzuerhalten. Jetzt geht das grosse Jammern los doch die aktuellen Bedingungen waren selbst für Klima-Laien vorhersehbar. Und noch wichtiger: Sie sind bloss die Vorboten von dem, was in den kommenden Jahren noch bevorsteht.

Die Zukunft liegt nicht in der Vergangenheit
Allen Unkenrufen zum Trotz träumen viele Bergbahnen aber unvermindert von der Blütezeit des Skifahrens. Die guten, alten Zeiten sollen auf Biegen und Brechen zurückgebracht werden. Koste es, was es wolle. Noch mehr Schneekanonen und zusätzliche Speicherseen sollen es richten. «Zurück zu früher» ist bis heute oft die einzig Perspektive, die sie ins Feld führen. Man muss aber keine Prophet sein, um dies als vergebene Mühe zu erkennen. Das sieht mittlerweile sogar der Marktführer der künstlichen Beschneiung so.

Das Problem des alpinen Tourismus liegt weniger im Klimawandel als in den Köpfen mancher Bergbahn-Betreiber. Sie haben die Glanzzeiten des Skisports miterlebt und für sie ist der Skifahrer unvermindert der alleinige Heilsbringer. Das Sommergeschäft interessiert sie nicht, weil die Umsatzzahlen erheblich geringer sind. Der Sommergast ist in ihren Augen bis heute ein belangloses Mauerblümchen.

Exemplarisch zu erkennen ist dies in den italienischen und französischen Alpen anhand der Saisondauer. Diese dauert in der Regel von Mitte Juni bis August. Wer im September oder während des Indiansummers im Oktober eine Bergbahn benutzen will, steht vor verriegelten Toren. Es liegt auf der Hand, dass mit einem solch kleinen Saisonfenster keine solide Wertschöpfung erzielt werden kann. Das Sommergschäft interessiert sie einfach nicht, punkt. Eindeutiger ist das marginale Interesse am Sommergeschäft nicht aufzuzeigen.

Too big to Fail
Nach den warmen Temperaturen in den letzten Monaten geht es nun einzelnen Bergbahnen an den Kragen. Halb so schlimm, könnte man als Mountainbiker sagen. Man kann auch aus eigener Kraft den Berg hochtreten. Oder man nimmt das E-Bike. Bergbahnen sind kein kritischer Faktor für die Sportart. Stimmt, doch die Problematik zeigt sich tiefgründiger. Wenn Bergbahnen im Wintergeschäft straucheln, können sie auch nicht in das Sommerangebot investieren. Wenn sie vor dem Konkursrichter stehen schon gar nicht. Die Problematik liegt in der Tatsache, dass Bergbahnen für viele Regionen «too big to fail» sind. Sie sind der eigentliche Tourismusmotor, das Zugpferd der Wertschöpfung. Gehen sie ein, folgen ihnen später Hotels, dann machen auch Restaurants dicht und schließlich bleibt auch der Trail-Unterhalt und der Wegbau auf der Strecke. Dann werden wir Mountainbiker erkennen, wie wichtig die Bergbahnen waren – selbst wenn wir sie nie benutzt haben.

Der Klimawandel ist auf die Schnelle nicht zu stoppen. Demgegenüber braucht es einen Mentalitätswandel im Tourismus. Zahlreiche Destinations-Manager haben eingelenkt, in der Hotelbranche geht der Trend zu Mehrsaison-Betrieben. Doch bei vielen Bergbahnen stockt es. In Österreich und Deutschland irrt das Gros der Seilbahnbetreiber in Sachen Mountainbike unvermindert konzeptlos bis abwehrend durch die Sommermonate. Selbst in der vorbildlichen Schweiz kommt das MTB-Engagement selten von Bergbahnen. Auch bei ihnen haben volle Winterkassen den Blick in die Zukunft verdeckt. Es braucht nun ein Umdenken, dringender denn je. Schliesslich ist der Sommertourismus kein Mauerblümchen sondern vielmehr eine solide Alpenrose. Hier liegt die Zukunft, nicht in der schönfärberischen Vergangenheit.


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